Aus der Geschichte Biberachs


Vor- und Frühgeschichte

Das Gebiet der heutigen Gemarkung Biberach war schon seit Urzeiten besiedelt. Vor etwa 30.000 bis 40.000 Jahren streiften die ersten Menschen entlang der Flüsse und Bäche und lagerten dort, wo sie die besten Voraussetzungen für ihr Leben fanden. Aus dieser Zeit dürften die Spuren eines Lagerfeuers stammen, die 1962 beim Lehmabbau auf dem Ziegeleigelände in acht Metern Tiefe gefunden wurden. Zeugen aus der Steinzeit, wie Feuersteinabschläge, Feuersteinklingen, Keramikreste der Bandkeramik, der Michelsberger Kultur sowie der Rössner-Kultur zeigen, dass seit über 6000 Jahren die Gemarkung besiedelt war.

Aus der Bronzezeit (ca. 1200 - 800 vor Chr.) sind bislang zwei Siedlungsstätten der Urnenfelder Kultur bekannt.

Ungefähr seit 600 vor Christus besiedelten die Kelten unsere Gegend. Im Gewann "Äußere Wanne" zeigen Luftbildaufnahmen zwei keltische Viereckschanzen. Viereckschanzen waren keltische Gutshöfe, die mit einem Wall befestigt waren. Im Biberacher Wald gibt es zwei Hügel, die die Kelten aufgeworfen haben. Es handelt sich zum einen um einen Grabhügel aus der Hallstattzeit (7. Jahrhundert vor Chr.), der um 1900 von Dr. Schlitz untersucht wurde. Er hat heute noch einen Durchmesser von ca. 20 Metern und ist etwa 1,20 Meter hoch. Die Funktion des zweiten Hügels ist noch nicht geklärt. Dieser Hügel liegt in unmittelbarer Nähe einer der stärksten Biberacher Quellen und war mit einem Wassergraben umgeben. Auf dem Gelände der heutigen Schule befand sich ebenfalls eine keltische Siedlungsstätte.

Aus dem Jahr 120 nach Chr. stammen Scherbenreste, die nachweisen, dass auch die Römer auf unserer Gemarkung gesiedelt haben. Im heutigen Wimpfen war das römische Kastell. Neben dem Kastell entstand eine Stadt, die Verwaltungszentrum für die ganze Region war. Die Bewohner dieser Stadt wurden von den umliegenden Gutshöfen mit Nahrung versorgt. Auf unserer Gemarkung bzw. in unmittelbarer Nähe standen vier römische Gutshöfe und zwar im Gewann:

Außerdem kreuzten sich hier zwei römische Straßen. Unmittelbar bei dieser Kreuzung befand sich ein römisches Gebäude, dort wurden unter anderem die Reste einer Amphora, die in Andalusien hergestellt wurde, gefunden. In ihr wurde spanisches Olivenöl in das kalte germanische Besatzungsgebiet gebracht.

Scherben aus der Zeit der Allamannen wurden in der Nähe der römischen Gebäude sowie im Gewann "Finkenberg" gefunden.

Die Gründung Biberachs an der Stelle, an der heute unsere Ortschaft liegt, erfolgte mit großer Wahrscheinlichkeit durch die Franken. Es ist anzunehmen, dass das heutige Biberach seine Gründung dem bereits seinerzeit vorhandenen Seitenweg des fränkischen Königswegs verdankt. Im 8. Jahrhundert wurden durch die Franken ganz systematisch die Namen der Bäche, an denen Neusiedler angesetzt wurden, als Bezeichnung für den jungen Ort verwendet. Die neu gegründete Ortschaft lag hinter Hügeln verborgen im Tal des Baches, der den Namen "Biberaha" (keltische Bezeichnung für wasserreiches Gebiet) trug.


Erste urkundliche Erwähnung

Die erste urkundliche Erwähnung Biberachs erfolgte am 25. Juli 766: Im 15. Jahr der Regierung des Königs Pippin nahmen die Eheleute Witroz und Cremhilt eine Schenkung für den Märtyrer Nazarius vor. Sie schenkten dem Kloster Lorsch alles, was sie in Böckingen, Frankenbach, Biberach und Schluchtern an Hofreiten, Wiesen, Weingärten, Wäldern, Gewässern, Wohnhäusern und Wirtschaftsbauten besaßen.

Es folgten weitere Schenkungen aus Biberach an das Kloster in den Jahren 772, 782 und 827.

Bis Ende des 13. Jahrhunderts war Biberach ein Reichsgut des Königs. Im Jahre 1298 verlieh König Adolf den Ort Biberach an Konrad von Weinsberg als Belohnung für erwiesene Heerfolge. In den folgenden Jahren wurde das Dorf immer wieder verpfändet.


Biberach unter Wimpfener Herrschaft (1407 - 1650)

Durch den Kauf des Dorfes Biberach im Jahre 1407 erlangte die Reichsstadt Wimpfen Herrschaftsrechte über Biberach. Für die Verwaltung im Dorf war der reichsstädtische Vogt zuständig. Für die Wimpfener selbst war Biberach im ersten Jahrhundert ihrer Herrschaft kaum von Interesse. Der Anbau von Getreide auf der Biberacher Gemarkung war jedoch von Bedeutung für den Wimpfener Markt. Reiche Wimpfener und die Wimpfener Klöster legten überschüssiges Geld in Biberacher Liegenschaften an und machten die Biberacher zins- und fronpflichtig.

Für die Verbreitung der lutherischen Lehre in Wimpfen sorgte Dietrich von Gemmingen. Er war auf dem Reichstag zu Worms 1521 Zeuge des Auftretens Luthers und seit dieser Zeit ein Anhänger dessen Lehre. 1522 nahm er den aus Weinsberg vertriebenen Reformator Erhard Schnepf auf seiner Burg Guttenberg auf. Schnepf predigte von 1522 bis 1535 in Wimpfen. Beinahe die gesamte Einwohnerschaft bekannte sich innerhalb kurzer Zeit zur lutherischen Religion. In jener Zeit bestimmte die Herrschaft die Religionszugehörigkeit. Dem Beispiel der Stadt Wimpfen hatte auch Biberach zu folgen. Mit Wimpfen wurde somit auch Biberach evangelisch. Der erste evangelische Pfarrer in Biberach war Johannes Fabricius. Das erste Kirchenbuch, ein Taufbuch, wurde 1585 angelegt. Ab dem Jahr 1590 gab es nur noch evangelischen Gottesdienst in Biberach.

Von Beginn des 16. Jahrhundert bis ins 17. Jahrhundert wuchsen die Zins- und Naturalabgaben ständig an. Obwohl die Biberacher wichtige Nahrungsmittel- und Geldlieferanten waren (ein Drittel der direkten Steuern der Reichsstadt musste laut dem Einnahmebuch von 1596 das Dorf Biberach aufbringen, das 1/6 der Wimpfener Bevölkerung ausmachte) fühlte sich die Reichsstadt nicht verpflichtet in Biberach zu investieren.

Biberach war ein armes Dorf; die Besitzer waren darauf aus, etwas aus dem Dorf zu holen. Dazu kamen viele Kriege zwischen 1525 und 1799, verbunden mit Plünderungen, Brandschatzungen usw.

Am schlimmsten war wohl der 30-jährige Krieg mit seinen Auswirkungen. Das bekannteste Datum ist der 26. April 1622 (nach Julianischem Kalender) bzw. der 06. Mai 1622 (nach Gregorianischen Kalender) mit der Schlacht bei Wimpfen. Bereits am Vorabend der Schlacht wurde Biberach von den Truppen Tillys geplündert und gebrandschatzt. Fast jährlich gab es Einquartierungen und Plünderungen. Die Not war so riesig, dass - wie es in der Chronik heißt - die Kinder Gras essen mussten. In einem Kirchenbuch steht, dass 1649 nach 15 Jahren Schutz in Wimpfen die Bürger wieder nach Biberach zurückkehrten. Damals hatte das Dorf noch 24 Einwohner.

Die völlig verarmte Reichsstadt Wimpfen musste Kriegsschulden an die Schweden bezahlen. Aus der Not heraus verkaufte die Stadt das Dorf Biberach im Jahre 1650 an den französischen Generalmajor Thomas von Klug.


Biberach unter der Herrschaft der Familie von Klug (1650 - 1681)

Thomas von Klug ließ sich in Fronarbeit ein Wohnhaus mit Scheunen und Stallungen in Biberach bauen. Er regierte mit seiner Familie wie ein absoluter Herrscher im Dorf, das nun ein eingetragenes Rittergut war. Thomas von Klug starb 1661. Nach seinem Tod übernahm seine Frau Maria von Klug die "Regentschaft" und führte ein ausgelassenes Leben im Dorf, wovon auch der Biberacher "Fastnachtsstreit", der sich 1665 zutrug, erzählt. Die Familie war 31 Jahre im Besitz des Dorfes und wohnte als einzige der Besitzer selbst am Ort.

Die Töchter wollten Biberach wieder verkaufen. Herzog Eberhard von Württemberg hatte Interesse daran und ließ auch Erkundigungen einziehen. In diesen Erkundigungen wird Biberach als "herrlich Gut" bezeichnet. Der Herzog hatte Interesse, aber nicht das Geld dazu.


Biberach unter dem Deutschen Orden (1681-1805)

1681 kaufte der Deutsche Orden das Dorf. Seit 1532 gehörte schon der so genannte "Deutschhof" dem Orden (eine Hofanlage in der heutigen Unterlandstraße).

Die neuen Herren versprachen den Bewohnern Biberachs Religionsfreiheit, aber dadurch, dass sie Katholiken aus ihren Dörfern nach Biberach "umsiedelten" und ihnen das Bürgerrecht gaben, war sehr schnell wieder eine katholische Gemeinde in Biberach entstanden. Bereits 1685 wurden wieder katholische Gottesdienste in Biberach abgehalten und die Biberacher Kirche wurde von 1685 bis 1862 als Simultankirche genutzt, d. h. beide Konfessionen waren berechtigt in dieser Kirche Gottesdienst zu halten. Dies verursachte jahrhundertelang Streitigkeiten, die sogar das Reichskammergericht in Wetzlar beschäftigten. Die Streitigkeiten endeten erst als 1862/1863 eine katholische Kirche gebaut wurde.

Der Deutsche Orden sah Biberach in erster Linie als "Einnahmequelle" und investierte kaum im Dorf. Er heizte auch die Feindseligkeiten zwischen den evangelischen und katholischen Biberachern an. Die wirtschaftliche Entwicklung Biberachs stagnierte in dieser Zeit.


Biberach unter der Herrschaft Württembergs (ab 1805)

Auf Befehl Napoleons kam Biberach 1805 zu Württemberg und das Dorf konnte sich allmählich erholen. Nach und nach konnten die Abgaben, die auf den Höfen und Äckern lagen, abgelöst werden.

Von 1840 an blieb die Bevölkerung 100 Jahre zahlenmäßig konstant. Sie betrug 1304 Einwohner im Jahr 1840 und 1337 Einwohner im Jahr 1940. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges kam durch die Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen die Wende für Biberach und die Einwohnerzahl nahm um 400 Personen zu.

Innerhalb von 15 Jahren hat sich dann Biberach aus dem einstmals fast rein landwirtschaftlich orientierten Dorf zur Arbeitnehmer-Wohngemeinde des Wirtschaftszentrums Heilbronn entwickelt.

Am 1. Januar 1974 wurde Biberach nach Heilbronn eingemeindet und ist heute ein Stadtteil mit ca. 5.000 Einwohnern.